Horst Krüger ist langjähriges Mitglied der ICEJ-Deutschland, ehemaliger Vertreter der ICEJ beim BFP und tatkräftiger Unterstützer der Arbeit der Internationalen Christlichen Botschaft Jerusalem
1945. In Marienberg im Erzgebirge wütete der Hunger. Meine Mutter, mein kleines Brüderchen und ich bekamen freitagmorgens nur ein Pfund Brot für eine Woche. Oft tranken wir nur Wasser und legten uns ins Bett. Waldi bekam Rachitis. Auf den Feldern fanden wir Zuckerrüben und ernährten uns von den Blättern. Anstelle von Mehl gab es Weizenkleie. So kochte Mutti aus den Blättern und der Kleie eine bittere grüne Suppe. Eines Tages erbettelte ich mit einer Gruppe von Leuten bei den Bauern der Umgebung sieben kleine Kartoffeln. Es wurde ein Festessen. Wenn ich sah, dass ein sowjetischer Soldat einen Apfel aß, ging ich so lange hinter ihm her, bis er den Rest wegwarf. Dann stürzte ich mich drauf. Fand ich eine Kartoffel, aß ich sie gleich roh. Wir hatten die Flucht von Łódź mit einem grausamen Massaker der Russen überlebt, waren durch ein Wunder wenige Tage vor dem Untergang Dresdens herausgeführt worden und standen jetzt vor der Frage: Werden wir überleben? Täglich betete Mutti und sang mit uns, trotz der Verzweiflung.
Horst Krüger (links) mit seiner Mutter und Bruder Waldi (Foto: privat)
Grüne Suppe und Geschrei
Dann kam ein entscheidender Tag. Mutti stand morgens um fünf in der Schlange beim Metzger um Pferdefleisch an. Ich hatte mitbekommen, dass im Kachelofen ein Topf mit grüner Suppe stand. Der durfte nicht angerührt werden. Als wir Kinder morgens aufstanden, schlich ich mich zum Ofen und schaute hinein. Der Topf war da. Er war schwer. Gute Aussicht. Wir schauten hinein: Suppe! Ein wenig durften wir schon essen. Das würde Mutti nicht auffallen. Aber dann hatten wir schon so viel gegessen, dass Mutti es merken würde. Jetzt war es egal – bis der Topf leer war. Mit schlechtem Gewissen schoben wir ihn weit nach hinten …
Am späten Nachmittag kam Mutti heim. Enttäuscht und hungrig. Umsonst mehr als zehn Stunden gestanden. Sie öffnete den Ofen und griff zum Topf. Leer! Verzweifelt schaute sie uns an. Der Schmerz überwältigte sie. Sie schnappte mich blitzschnell und verhaute mich gründlich. Mich schmerzte alles … So schrie ich, als ob ich sterben müsste, nicht nur wegen der Schläge, nein, einfach so. Ich musste mal lange laut schreien.
Da, schwere Schritte auf der Treppe. Es pochte an der Tür. Schon stand ein hoher sowjetischer Offizier im Zimmer. "Was ist hier los? Wer schreit hier so?" wollte er wissen. Mutter antwortete ihm unerschrocken auf Russisch: "Ihr esst uns alles weg. Wir haben im Osten alles verloren, und jetzt sterben wir vor Hunger!"
Unerwartete Hilfe
Der Mann setzte sich, nahm mich auf den Schoß, streichelte mir übers Haar und spielte mit mir. Nach einer Weile erzählte er: "Ich bin gläubiger Jude. Alle meine Angehörigen hat Stalin getötet. Ich werde versuchen, Ihnen zu helfen. In der Kaserne können Sie Uniformen bügeln. Dafür kriegen Sie Geld, und abends können Sie sich in einem Kochgeschirr Suppe mitnehmen. Wollen Sie das?" Freudig sagte Mutti zu. Der Offizier erzählte noch einiges und machte sich auf den Weg. Bald klopfte es wieder an der Tür. Er trat ein und hatte zwei Vierpfund-Brote in der Hand! Gott hatte unser Schreien erhört! Mutti bügelte an einigen Tagen in der Woche Offiziersuniformen und bekam abends ein Kochgeschirr mit fetter Kartoffelsuppe und vielen Grieben. Vorbei der Hunger; denn wochenlang versorgte uns der Hauptmann oder Major auch noch regelmäßig mit Brot.
Eines Tages sagte er: „Ich werde nach Moskau versetzt. Hier ist Brot, hier sind Dokumente. Gehen Sie bei Eisenach über die Grenze.“
Rettung an der Ostfront
Mein Vater, Gerhard Krüger, der sich im Westen befand und schon im Juni 1945 von den Engländern entlassen worden war, hatte in Russland als deutscher Soldat im Oberkommando der Wehrmacht in der Abteilung Aufklärung (General Gehlen) gedient und seine freie Zeit dazu genutzt, in den russischen Gemeinden zu predigen. Er sprach fließend Polnisch und Russisch und war für seine Abteilung eine wichtige Persönlichkeit. In Minsk unterhielt die von Pastor Anton Ketzko geleitete Baptistengemeinde zwei Kinderheime mit über 50 slawischen und 76 jüdischen Kindern.
Gerhard Krüger, links, mit Freunden und Helfern (Foto: privat)
Vater erfuhr davon und versorgte diese Kinder unter extremer Lebensgefahr mit Brot und Lebensmitteln, so dass sie alle überlebten. Ein gläubiger Kamerad, von Beruf Schneider, hatte ihm in seinen Soldatenmantel Taschen eingenäht, in die er das Brot steckte. In Christian Lippert (nach dem Krieg wohnte L. in Ilfeld am Harz) war ihm ein weiterer gläubiger Kamerad zur Seite gestellt, der ihn durch seine Stellung in der Heeresbäckerei mit Brot versorgte.
Wenn Vater erfuhr, dass eine Razzia der deutschen Besatzer bevorstand, teilte er es Pastor Ketzko mit. Die Gläubigen der Gemeinde nahmen daraufhin sehr jüdisch aussehende Jungen zu sich und ersetzten sie durch ihre eigenen Kinder, bis die Durchsuchung vorüber war. Allerdings liefen sie damit auch Gefahr, dass ihre Kinder von den Deutschen wegtransportiert werden konnten.
Späte Frucht
Als ich im Juli 1995 die Baptistengemeinde in Minsk besuchte, bat mich die Direktorin des Museums zu sich ins Büro und erzählte mir bewegt und begeistert von den Ereignissen. Sie übergab mir Dokumente, in denen Pastor Ketzko die Hilfe durch meinen Vater schildert (Ich hatte Pastor Ketzko im Mai 1973 in Minsk kennengelernt). Vater wusste, dass sein Tun ihn das Leben hätte kosten können.
Im September 2002 besuchte Professor Dr. Werner Gitt eine Baptistengemeinde in Minsk. Nach einem Gottesdienst kam ein älterer Herr auf ihn zu und erzählte ihm tief bewegt, so als ob es gestern geschehen wäre, wie ein deutscher Soldat das Kinderheim mit Brot versorgt und den Kindern von Jesus erzählt und ihnen Lieder vorgesungen habe. Er überreichte Gitt einen Brief ohne Adresse an mich, weil er wusste, dass Vater bereits gestorben war und dass ich damals in Aachen wohnte. Zwei Tage später, am Sonntagmorgen, übergab Wolodia Baranow nach der Predigt von Werner Gitt sein Leben an Jesus - als späte Frucht nach 60 Jahren.
Levs Geschichte
2003 kam ich nach Minsk, lernte Baranow kennen und lud ihn mit seinem jüdischen Freund Lev Abramowitsch Krawitz für August 2004 auf Besuch zu uns nach Adelheidsdorf ein. Wolodia und Lev sind Freunde aus Kinderheimtagen. Lev hatte als 13-Jähriger, der wie ein Fünfjähriger aussah, im Ghetto von Minsk gelebt und wegen seiner kleinen Körpergröße mühelos unter dem Zaun durchkriechen und Lebensmittel besorgen können.
Bei einem dieser Züge erwischten ihn zwei weißrussische Polizisten. „Zufällig“ kam ein hochgewachsener deutscher Soldat an ihnen vorbei und fragte auf Russisch: „Was macht ihr da mit dem Kind?“ „Das ist ein Jude!“ „Ein Jude? Dann gebt ihn mir mal! Ich weiß schon, was ich mit ihm mache.“ Der Soldat nahm das Kind an die Hand, ging kreuz und quer durch verschiedene Straßen, bis er auf der gegenüberliegenden Seite vom Kinderheim stehenblieb. Der Kleine hatte nicht gewagt aufzuschauen, damit sich der Soldat nicht an sein Gesicht erinnern sollte. Dieser meinte: „Du gehst jetzt rüber, klopfst an die Tür. Dort bist du sicher.“ Lev war gerettet. Der deutsche Soldat war – mein Vater. Beide Freunde, Ingenieure, besuchten uns und wir hatten eine wunderbare gemeinsame Zeit.
Juden und Christen als Retter
Vater rettete jüdischen Kindern in Russland das Leben mit Brot. Eins der Kinder wurde Ingenieur, leitende Persönlichkeit des sowjetischen AWACS-Programms und lebt heute in Israel, wo ich ihn besuchte. In Deutschland rettete uns ein hoher sowjetischer Offizier, ein Jude – durch Brot und bezahlte Arbeit für meine Mutter. Oft sprach sie von dem edlen Mann, der uns so viel Gutes getan hat. Schade, wir haben seinen Namen nie erfahren. Wir hätten uns so gern bei ihm bedankt. Nicht nur Gojim haben in der schweren Zeit Juden vor dem Tod gerettet, auch Juden haben Gojim vor dem Tod bewahrt!
Horst Krüger, Jahrgang 1940, verheiratet, fünf erwachsene Kinder, wohnhaft in Großmoor (Adelheidsdorf), ist Mitglied beim Deutschen Zweig der ICEJ. Er hat den Dienst der ICEJ mehrere Jahre lang beim BFP vertreten und unterstützt seit Langem die Christliche Botschaft.
Horst Krüger hat Qualifizierungen als Fremdsprachenkorrespondent in vier Sprachen, Betriebswirtschaft, Theologie (Master und Doktor NCIU) sowie in klassischem Gesang (Oper, Oratorium, Lied).
Von 1965 bis 1986 Tätigkeit als Missionar in einer deutschen Kolonie in Süd-Brasilien. Neben ausgedehntem Reisedienst im In- und Ausland Leiter Missionswerk Glaube Hoffnung Liebe e. V. mit Schwerpunkt Brasilien.
Seit 1991 zahlreiche längere und kürzere Aufenthalte in Israel; seit 1996 enge Zusammenarbeit mit der Jerusalem School of Synoptic Research (Jerusalemer Schule für die Forschung an den ersten drei Evangelien) in Israel, die sich der Erforschung der hebräischen Wurzeln des Neuen Testaments, speziell der synoptischen Evangelien widmet. In diesem Rahmen ist er Vertreter von Jerusalem Perspective in Deutschland, welche die Forschungsergebnisse der genannten Einrichtung veröffentlicht
(www.jerusalemperspective.com und www.jerusalemperspektive.de).
Quelle: https://de.icej.org/news/special-reports/rettendes-brot
Abgerufen am 2018-04-06
1945. In Marienberg im Erzgebirge wütete der Hunger. Meine Mutter, mein kleines Brüderchen und ich bekamen freitagmorgens nur ein Pfund Brot für eine Woche. Oft tranken wir nur Wasser und legten uns ins Bett. Waldi bekam Rachitis. Auf den Feldern fanden wir Zuckerrüben und ernährten uns von den Blättern. Anstelle von Mehl gab es Weizenkleie. So kochte Mutti aus den Blättern und der Kleie eine bittere grüne Suppe. Eines Tages erbettelte ich mit einer Gruppe von Leuten bei den Bauern der Umgebung sieben kleine Kartoffeln. Es wurde ein Festessen. Wenn ich sah, dass ein sowjetischer Soldat einen Apfel aß, ging ich so lange hinter ihm her, bis er den Rest wegwarf. Dann stürzte ich mich drauf. Fand ich eine Kartoffel, aß ich sie gleich roh. Wir hatten die Flucht von Łódź mit einem grausamen Massaker der Russen überlebt, waren durch ein Wunder wenige Tage vor dem Untergang Dresdens herausgeführt worden und standen jetzt vor der Frage: Werden wir überleben? Täglich betete Mutti und sang mit uns, trotz der Verzweiflung.
Horst Krüger (links) mit seiner Mutter und Bruder Waldi (Foto: privat)
Grüne Suppe und Geschrei
Dann kam ein entscheidender Tag. Mutti stand morgens um fünf in der Schlange beim Metzger um Pferdefleisch an. Ich hatte mitbekommen, dass im Kachelofen ein Topf mit grüner Suppe stand. Der durfte nicht angerührt werden. Als wir Kinder morgens aufstanden, schlich ich mich zum Ofen und schaute hinein. Der Topf war da. Er war schwer. Gute Aussicht. Wir schauten hinein: Suppe! Ein wenig durften wir schon essen. Das würde Mutti nicht auffallen. Aber dann hatten wir schon so viel gegessen, dass Mutti es merken würde. Jetzt war es egal – bis der Topf leer war. Mit schlechtem Gewissen schoben wir ihn weit nach hinten …
Am späten Nachmittag kam Mutti heim. Enttäuscht und hungrig. Umsonst mehr als zehn Stunden gestanden. Sie öffnete den Ofen und griff zum Topf. Leer! Verzweifelt schaute sie uns an. Der Schmerz überwältigte sie. Sie schnappte mich blitzschnell und verhaute mich gründlich. Mich schmerzte alles … So schrie ich, als ob ich sterben müsste, nicht nur wegen der Schläge, nein, einfach so. Ich musste mal lange laut schreien.
Da, schwere Schritte auf der Treppe. Es pochte an der Tür. Schon stand ein hoher sowjetischer Offizier im Zimmer. "Was ist hier los? Wer schreit hier so?" wollte er wissen. Mutter antwortete ihm unerschrocken auf Russisch: "Ihr esst uns alles weg. Wir haben im Osten alles verloren, und jetzt sterben wir vor Hunger!"
Unerwartete Hilfe
Der Mann setzte sich, nahm mich auf den Schoß, streichelte mir übers Haar und spielte mit mir. Nach einer Weile erzählte er: "Ich bin gläubiger Jude. Alle meine Angehörigen hat Stalin getötet. Ich werde versuchen, Ihnen zu helfen. In der Kaserne können Sie Uniformen bügeln. Dafür kriegen Sie Geld, und abends können Sie sich in einem Kochgeschirr Suppe mitnehmen. Wollen Sie das?" Freudig sagte Mutti zu. Der Offizier erzählte noch einiges und machte sich auf den Weg. Bald klopfte es wieder an der Tür. Er trat ein und hatte zwei Vierpfund-Brote in der Hand! Gott hatte unser Schreien erhört! Mutti bügelte an einigen Tagen in der Woche Offiziersuniformen und bekam abends ein Kochgeschirr mit fetter Kartoffelsuppe und vielen Grieben. Vorbei der Hunger; denn wochenlang versorgte uns der Hauptmann oder Major auch noch regelmäßig mit Brot.
Eines Tages sagte er: „Ich werde nach Moskau versetzt. Hier ist Brot, hier sind Dokumente. Gehen Sie bei Eisenach über die Grenze.“
Rettung an der Ostfront
Mein Vater, Gerhard Krüger, der sich im Westen befand und schon im Juni 1945 von den Engländern entlassen worden war, hatte in Russland als deutscher Soldat im Oberkommando der Wehrmacht in der Abteilung Aufklärung (General Gehlen) gedient und seine freie Zeit dazu genutzt, in den russischen Gemeinden zu predigen. Er sprach fließend Polnisch und Russisch und war für seine Abteilung eine wichtige Persönlichkeit. In Minsk unterhielt die von Pastor Anton Ketzko geleitete Baptistengemeinde zwei Kinderheime mit über 50 slawischen und 76 jüdischen Kindern.
Gerhard Krüger, links, mit Freunden und Helfern (Foto: privat)
Vater erfuhr davon und versorgte diese Kinder unter extremer Lebensgefahr mit Brot und Lebensmitteln, so dass sie alle überlebten. Ein gläubiger Kamerad, von Beruf Schneider, hatte ihm in seinen Soldatenmantel Taschen eingenäht, in die er das Brot steckte. In Christian Lippert (nach dem Krieg wohnte L. in Ilfeld am Harz) war ihm ein weiterer gläubiger Kamerad zur Seite gestellt, der ihn durch seine Stellung in der Heeresbäckerei mit Brot versorgte.
Wenn Vater erfuhr, dass eine Razzia der deutschen Besatzer bevorstand, teilte er es Pastor Ketzko mit. Die Gläubigen der Gemeinde nahmen daraufhin sehr jüdisch aussehende Jungen zu sich und ersetzten sie durch ihre eigenen Kinder, bis die Durchsuchung vorüber war. Allerdings liefen sie damit auch Gefahr, dass ihre Kinder von den Deutschen wegtransportiert werden konnten.
Späte Frucht
Als ich im Juli 1995 die Baptistengemeinde in Minsk besuchte, bat mich die Direktorin des Museums zu sich ins Büro und erzählte mir bewegt und begeistert von den Ereignissen. Sie übergab mir Dokumente, in denen Pastor Ketzko die Hilfe durch meinen Vater schildert (Ich hatte Pastor Ketzko im Mai 1973 in Minsk kennengelernt). Vater wusste, dass sein Tun ihn das Leben hätte kosten können.
Im September 2002 besuchte Professor Dr. Werner Gitt eine Baptistengemeinde in Minsk. Nach einem Gottesdienst kam ein älterer Herr auf ihn zu und erzählte ihm tief bewegt, so als ob es gestern geschehen wäre, wie ein deutscher Soldat das Kinderheim mit Brot versorgt und den Kindern von Jesus erzählt und ihnen Lieder vorgesungen habe. Er überreichte Gitt einen Brief ohne Adresse an mich, weil er wusste, dass Vater bereits gestorben war und dass ich damals in Aachen wohnte. Zwei Tage später, am Sonntagmorgen, übergab Wolodia Baranow nach der Predigt von Werner Gitt sein Leben an Jesus - als späte Frucht nach 60 Jahren.
Levs Geschichte
2003 kam ich nach Minsk, lernte Baranow kennen und lud ihn mit seinem jüdischen Freund Lev Abramowitsch Krawitz für August 2004 auf Besuch zu uns nach Adelheidsdorf ein. Wolodia und Lev sind Freunde aus Kinderheimtagen. Lev hatte als 13-Jähriger, der wie ein Fünfjähriger aussah, im Ghetto von Minsk gelebt und wegen seiner kleinen Körpergröße mühelos unter dem Zaun durchkriechen und Lebensmittel besorgen können.
Bei einem dieser Züge erwischten ihn zwei weißrussische Polizisten. „Zufällig“ kam ein hochgewachsener deutscher Soldat an ihnen vorbei und fragte auf Russisch: „Was macht ihr da mit dem Kind?“ „Das ist ein Jude!“ „Ein Jude? Dann gebt ihn mir mal! Ich weiß schon, was ich mit ihm mache.“ Der Soldat nahm das Kind an die Hand, ging kreuz und quer durch verschiedene Straßen, bis er auf der gegenüberliegenden Seite vom Kinderheim stehenblieb. Der Kleine hatte nicht gewagt aufzuschauen, damit sich der Soldat nicht an sein Gesicht erinnern sollte. Dieser meinte: „Du gehst jetzt rüber, klopfst an die Tür. Dort bist du sicher.“ Lev war gerettet. Der deutsche Soldat war – mein Vater. Beide Freunde, Ingenieure, besuchten uns und wir hatten eine wunderbare gemeinsame Zeit.
Juden und Christen als Retter
Vater rettete jüdischen Kindern in Russland das Leben mit Brot. Eins der Kinder wurde Ingenieur, leitende Persönlichkeit des sowjetischen AWACS-Programms und lebt heute in Israel, wo ich ihn besuchte. In Deutschland rettete uns ein hoher sowjetischer Offizier, ein Jude – durch Brot und bezahlte Arbeit für meine Mutter. Oft sprach sie von dem edlen Mann, der uns so viel Gutes getan hat. Schade, wir haben seinen Namen nie erfahren. Wir hätten uns so gern bei ihm bedankt. Nicht nur Gojim haben in der schweren Zeit Juden vor dem Tod gerettet, auch Juden haben Gojim vor dem Tod bewahrt!
Horst Krüger, Jahrgang 1940, verheiratet, fünf erwachsene Kinder, wohnhaft in Großmoor (Adelheidsdorf), ist Mitglied beim Deutschen Zweig der ICEJ. Er hat den Dienst der ICEJ mehrere Jahre lang beim BFP vertreten und unterstützt seit Langem die Christliche Botschaft.
Horst Krüger hat Qualifizierungen als Fremdsprachenkorrespondent in vier Sprachen, Betriebswirtschaft, Theologie (Master und Doktor NCIU) sowie in klassischem Gesang (Oper, Oratorium, Lied).
Von 1965 bis 1986 Tätigkeit als Missionar in einer deutschen Kolonie in Süd-Brasilien. Neben ausgedehntem Reisedienst im In- und Ausland Leiter Missionswerk Glaube Hoffnung Liebe e. V. mit Schwerpunkt Brasilien.
Seit 1991 zahlreiche längere und kürzere Aufenthalte in Israel; seit 1996 enge Zusammenarbeit mit der Jerusalem School of Synoptic Research (Jerusalemer Schule für die Forschung an den ersten drei Evangelien) in Israel, die sich der Erforschung der hebräischen Wurzeln des Neuen Testaments, speziell der synoptischen Evangelien widmet. In diesem Rahmen ist er Vertreter von Jerusalem Perspective in Deutschland, welche die Forschungsergebnisse der genannten Einrichtung veröffentlicht
(www.jerusalemperspective.com und www.jerusalemperspektive.de).
Quelle: https://de.icej.org/news/special-reports/rettendes-brot
Abgerufen am 2018-04-06